Grand Combin Juni 2019

Grand Combin - 2019
C. de la Tsessette, Grand Combin de Grafeneire, C. de Valsorey

Blick hinunter vom Korridor auf den Corbassière Gletscher am Gipfeltag dem 13.06.2019 um 05:35 Uhr.

Kurzbeschreibung

Die drei Viertausender des Grand Combin lassen sich über die NW Flanke, den Westgrat oder die SW Flanke erreichen. Während der Grat und die SW Flanke technisch anspruchsvoll sind und sich in der Schwierigkeit mit Bergen wie dem Weisshorn, dem Matterhorn oder der Grandes Jorasses vergleichen lassen, ist die Besteigung über die vergletscherte NW Flanke technisch einfacher. Jedoch droht hier die Gefahr von Eisschlag und Lawinen unter einer gewaltigen Seracmauer.

Teilnehmer:
Daniel

Zeitraum:
11-14 Juni 2019

Routenbeschreibung


Der Zustieg bis zur NordWest Flanke ist mit 13.6 km und 1900 pos. hm sehr lang. Daher bietet es sich an, dass wir diesen in zwei Abschnitte unterteilen und möglichst nahe an der NordWest Flanke biwakieren. Das sollte uns dann in die Lage versetzen alle drei Gipfel des Maßives an einem Tag zu erreichen und soweit abzusteigen, dass wir am vierten Tag den Talort erreichen.

Der Zustieg vom Parkplatz in Fionnay (1500m) bis zur Cabanne Pannossiere (2645m) misst 6.6 km und 1145 hm.

Der Aufstieg von der Cabanne Pannossiere (2645m) bis zum Fuße der NW-Flanke (3400m) misst  7 km und 755 hm.

Der Gipfeltag beinhaltet bei einem vorangegangenen Biwak (3400m) etwa 6 km Wegstrecke und 1073 positive Höhenmeter.

Wie lief die Tour?

Zustieg zur FBX Hütte (11.06.): Am Vorabend kamen wir bereits in Fionnay an. Während mein Partner die Gewitternacht im Auto verbrachte, fand ich einen trockenen Platz in einem Lager am Rande des Dorfes. Morgens um 10:00 Uhr ging es dann los. Der Hüttenzustieg windet sich gleich zu Anfang steil bergauf, führt nach einer Alm am Hang entlang ins nicht mehr bewachsene Schuttgelände und dort über Moränenrücken bis hinauf auf 2645 hm.

Zustieg zum Höhencamp (12.06.): Von der Hütte aus liefen wir zuerst auf einem Moränenrücken links des Gletschers entlang, stiegen dann einen kleinen Schutthang zum Gletscher hinab und hielten uns auf diesem stets links. Hier war ein Aufstieg leichter möglich, als auf der rechten Seite, doch erkannten wir schon einen Tag später, warum das Queren des Gletschers vielleicht doch eine bessere Idee gewesen wäre. Unser Zelt stellten wir mitten auf dem Gletscher auf 3306 hm auf, wodurch wir am nächsten Morgen direkt unterm Berg starten konnten. Nachtruhe war von 18:00 bis 02:00 Uhr angedacht, doch war es noch lange hell und der eisige Sturm schüttelte das Zelt so sehr durch, dass kaum eine Minute Schlaf zu kriegen war.

Gipfeltag (13.06.): Um 02:00 Uhr ging der Wecker und um 03:00 Uhr waren wir angeseilt und bereit für den Aufstieg. Im Dunkeln verpassten wir jedoch den direkten Weg den Hang hinauf und zwischen den Seracs hindurch auf des Plateau und liefen versehendlich den Korridor hinauf. Als wir dies an den sich neben uns entlang ziehenden Felsbändern und den darüber hängenden Seracs erkannten, entschlossen wir uns dazu, die geplante Route von hinter her aufzurollen. So früh am morgen sollten die Seracs noch stabil sein und hofentlich keine große Gefahr darstellen. Als wir jedoch fast unter den Seracs hindurch waren, hörte ich über mir das Eis brechen. Ich schaute hinauf und sah, wie eine riesige Eiswand abbrach, auf einem Vorsprung zerschellte und nach unten donnerte und rief zugleich: „Stein! Lauf und dann runter.“ Wir sprinteten trotz Schneeschuhen mit Steighilfen an den Füßen etwa 20 m abwärts hinter eine Bodenwelle, kauerten uns hin und suchten mit den Eisgeräten Halt im Firn. Gerade in Deckung gegangen tobte ein Wind aus aufgewirbeltem Schnee über uns hinweg. Als dieser sich lichtete und wir uns einen Überblick machen konnten, sahen wir, dass das Lawinenfeld keinen Meter vor der Fußspur lag, an der ich mich umgedreht hatte um hang abwärts zu laufen. Die Lawine hätte uns ganz locker über die Kante bergab spülen können, doch hatten wir das Glück, dass sie knapp an uns vorbei ging und nicht überdimensional groß gewesen war.  Klar war, wir mussten hier schnell weg. Der größte Teil der Seracs lag jedoch schon hinter uns und so entschieden wir uns für eine Flucht nach vorn. Der weitere Aufstieg war aufgrund alter Skitourenspuren recht gut auszumachen und so erreichten wir nach 4 h den hinteren Gipfel C. de Tsessette. Von dort ging es in 2.5 h hinüber in die Schulter, eine steile teils vereiste Firnwand hinauf und durch den Tiefschnee die Hänge hinauf zum Hauptgipel Grand Combin de Grafeneire. Vom Hauptgipfel aus dauerte es lediglich 1 h hinüber zum letzten Gipfel, dem C. de Valsorey, wo wir uns die erste Pause gönnten. Als Abstiegsroute wählten wir letztlich die, die wir zuvor für den Aufstieg vorgesehen hatten. Und das war unser Glück. Denn die Rinnen zwischen den Seracs hindurch waren so sehr vereist, dass sich das Abseilen deutlich mehr anbot, als es das Hinaufklettern getan hätte. Zudem stapften wir danach den endlosen mit Tiefschnee bepackten Hang hinab, der für einen Aufstieg mit Schneeschuhen zu steil gewesen wäre. Nach insgesamt 11.5 h erreichten wir das Zelt, bauten es im eisigen Wind ab, der hier unten immer noch sehr heftig hindurch fegte und machten uns auf den Abstieg über den Corbassière Gletscher zur FBX Hütte. Fast dort angekommen hörten wir ein Donnern und konnten sehen, wie riesige Eiswände von den Seracs überm Korridor hinabstürzten und eine massive Lawine bis hinunter und über einen Teil des Corbassière Gletschers hinweg abging, über den wir etwa eine Stunde zuvor noch gelaufen waren. Daher hier die Empfehlung, die Überquerung des Gletschers und eine Aufstiegsoute auf der rechten Seite zu wählen, um mögliche Lawinenfelder weitestgehend zu umlaufen. Am Winterraum der FBX Hütte angekommen, wurde erst einmal Schnee geschmolzen und die Ausrüstung getrocknet.

14.06. Abstieg: Der Abstieg verlief sehr entspannt. Wir fuhren direkt weiter nach Visp und deckten uns unterwegs mit reichlich guter Verpflegung für einen wohl verdienten und dringend benötigten Ruhetag ein. Während mein Partner in Visp blieb wanderte ich außerhalb die Weinberge hinauf und suchte mir für zwei Nächte jeweils einen gemütlichen Platz mit der Möglichkeit unter einem Wasserfall eines reisenden Gebirgsflusses eine Dusche nehmen zu können. War das großartig. Gemischte Gefühle blieben jedoch. Einerseits konnten wir am Gipfeltag alle drei Gipfel erreichen und das mit Schneeschuhen. Andererseits hätten uns die Lawinen auch locker wegboxen können. Der Grand Combin ist eben ein schwieriger Berg, mit sehr langem Zustieg und unberechenbaren Gefahren.
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